Der heimliche Star japanischer Küche

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Mittlerweile dürften fast alle Menschen in Europa schon einmal Sushi probiert haben. Das quintessentielle japanische Gericht hat den Westen seit den 90er Jahren im Sturm erobert. Auch die deftige Nudelsuppe Ramen erfreut sich hierzulande zunehmender Beliebtheit. Aber haben Sie schon einmal von „Katsuobushi“ gehört? Einem Fisch, der nach entsprechender Verarbeitung in Form, Farbe und Konsistenz eher einem alten Stück Holz als einem Meeresbewohner ähnelt? Nein? Was, wenn ich Ihnen sage, dass Sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits die einzigartigen Aromen des Katsuobushi genossen haben, wenn Sie schon einmal Japanisch essen waren?

Source: Sophie - Katsuobushi (Flickr)

 

Die klassische japanische Geschmacksnote „Umami“, neben süß, bitter, sauer und salzig ein weiteres Grundaroma, das man vor allem in asiatischer Küche findet, ist im Falle Japans meist auf die sogenannte „Dashi“ zurückzuführen. Dashi ist eine einfache Brühe, die in beinahe jedem japanischen Gericht zum Einsatz kommt – und sei es nur als Bestandteil einer Soße, einer Eiermischung oder als Bestandteil der Brühe einer Miso-Suppe. Sie hat zwei Hauptzutaten: Einerseits „Konbu“, eine Form von getrocknetem Seetang, der in heißem Wasser gesiedet wird. Sobald das Wasser die herzhaften Aromen des Konbu aufgenommen hat, wird der Brühe Katsuobushi hinzugefügt – meist in Form von hauchdünnen Fischflocken, die der Brühe ihre spezielle Würze verleihen.

Doch wie werden diese Fischflocken hergestellt? Zunächst braucht man einen Fisch der Spezies Katsuwonus Pelamis, oder zu Deutsch Echter Bonito. Die Art wird etwa 80 cm lang und ist in tropischen und subtropischen Meeren beheimatet. Nachdem man den Fisch filetiert hat, wird er zunächst etwa zwei Stunden gekocht, anschließend werden die Knochen entfernt und die so entstandenen Einkerbungen mit Fischpaste ausgefüllt, so dass eine glatte Oberfläche entsteht. Jetzt können die Filets für etwa einen Monat geräuchert werden.

 

Source: Toshiyuki IMAI - Katsuobushi (Flickr)

Der nun ausgehärtete Fisch wird jetzt mit einer Rasierklinge in eine glatte Form gebracht und anschließend mit einem speziellen Schimmelpilz bestreut, der das geräucherte Fleisch durchzieht. Das mag vielleicht seltsam klingen, aber bei der Fermentierung von Soja oder Miso kommt ein mit diesem Pilz verwandter Mikroorganismus zum Einsatz. Den dem Blauschimmelkäse zugeneigten Europäer kann dieser Einsatz von Schimmelpilzen jedenfalls nicht schocken. Durch den Pilz wird das Fleisch getrocknet und gleichzeitig vor anderen schädlichen Mikroorganismen geschützt. Außerdem werden Proteine in Amino-Säuren und andere Bestandteile aufgespaltet, die den herzhaften Umami-Geschmack noch mehr intensivieren. Der Prozess der Schimmelbildung nimmt in etwa 6 Monate in Anspruch, wobei der Fisch abwechselnd in einer feuchten Fermentierungskammer gelagert und im direkten Sonnenlicht getrocknet wird. Das Ergebnis ist tatsächlich ein richtiges Brett von einem Fisch-Filet. Steinhart und durchaus auch als Mordwaffe zu gebrauchen, werden von dem Erzeugnis feine Flocken abgeschabt, die man in Plastiktüten abgepackt in jedem japanischen Supermarkt findet.

Diese können auf die verschiedensten Weisen verwendet werden: Wie oben erwähnt, dienen sie zur Herstellung von Dashi, dem japanischen Äquivalent zu Hühner- oder Gemüsebrühe. Oft werden sie auch als Garnierung genutzt. So findet man sie typischerweise auf Okonomiyaki, einer Art japanischem Pfannkuchen, auf dem die hauchdünnen Flocken aufgrund der aufsteigenden warmen Luft zu tänzeln scheinen. 

 

Source: T.Tseng - Bar Tartine: Kanbutsu Dinner (Flickr)

Mittlerweile gibt es in der französischen Bretagne sogar eine europäische Produktionsstätte! Aufgrund von strengen EU-Einfuhrbestimmungen, die den Import von mit Schimmelpilzen hergestellten Lebensmittel regulieren, konnte man die edleren Sorten des Katsuobushi in Europa nicht finden. Daher wird er nun auch hier hergestellt. Es gibt also keine Ausrede mehr, warum Hobbyköche mit Interesse an Japan ihre Dashi nicht selbst herstellen sollten. Zwar gibt es Fertig-Pulver in den meisten Asia-Supermärkten zu kaufen, doch geschmacklich liegen oft Welten zwischen einer selbst angesetzten Dashi und einer Fertigbrühe. 

Vielleicht wollen Sie Katsuobushi mal selbst zur Herstellung von Dashi verwenden? Das geht tatsächlich sehr leicht und ist keineswegs mit dem stundenlangen Prozess bis zur Fertigstellung einer Hühner- oder Gemüsebrühe zu vergleichen. Diese kann dann zur Zubereitung verschiedenster Soßen, Suppen und vielem mehr verwendet werden. Wer sich mit japanischer Küche befasst, stellt schnell fest, dass Dashi – und damit auch Katsuobushi – in beinahe jedem japanischen Gericht zum Einsatz kommt. Wer hätte gedacht, dass ein steinharter, geräucherter, von Schimmel durchzogener Fisch die Grundlage einer der weltweit am höchsten angesehensten Kochtraditionen bildet?

 

Falls ich hiermit Ihr Interesse an dieser besonderen Zutat geweckt habe, verweise ich Sie auf dieses einfach Dashi-Rezept, mit dem Sie ein paar fernöstliche Umami-Noten in Ihre heimische Küche bringen können.

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